Morgens betritt er die Baustelle und will nur hinauf auf den Kran, hier steht er über allem, hier hat er den Überblick. Die Sonne sieht er als Erster aufgehen, und als Erster sieht er die Stürme nahen; er sieht die Anlieferung der Bauteile, er sieht alles. Unter ihm: unfähige Mitarbeiter, unangenehme Erinnerungen, vertagte Entscheidungen – und eine Mutter im Krankenhaus. Hier oben ist er einsam, aber er kann nachdenken und Distanz gewinnen, unterbrochen höchstens vom Rauschen des Funkgeräts. Er kontrolliert das Geschehen, und selbst sein Vorgesetzter ist siebzig Meter unter ihm. Augenhöhe wäre anstrengender. Ein Stück über Höhenrausch und Grössenwahn eines grossen Einsamen, der sich dann nicht mehr in die Zukunft flüchten kann, als die Vergangenheit mit aller Kraft in die Gegenwart einbricht.
Prozess:
Zwölf Probetage und ein paar Zerquetschte, ein Text, der parallel dazu entsteht, eine Bühne, die mit dem Stück wächst und Musik aus dem Moment heraus, so wurde der Kran gebaut. Dominik Busch und Patric Gehrig sind sich einig, dass das sogenannt freie Theaterschaffen oft durch Geldersuche, Dossierarbeit und Wartezeiten unfrei wird, an Spontanität verliert. Und haben mit „HEIM#1 – eine theatrale Zwischennutzung“, welche im Rahmen der ABL Zwischennutzung „Zwischenrich" umgesetzt wurde, einen ersten Versuch gestartet, einen Teil der Freiheit der alternativen Theaterszene zurückzugewinnen: Ein kleines Produktionsteam, eine kurze und intensive Probezeit, wenige Wochen von der ersten Idee bis zur Premiere. Und als Endprodukt etwas Brandneues, Frisches, Lebendiges.
Auch „HEIM#2 – Die Einsamkeit des Kranführers“ ist schnell entstanden, in einem Kraftakt, ermöglicht durch die selektive
Produktionsförderung des Kantons Luzern des Südpols. Gemeinsam mit dem jungen Luzerner Regisseur Damiàn Dlaboha und dem Dramaturgen Béla Rothenbühler musste Patric Gehrig in kürzester Zeit eine
Figur kennenlernen, eine Welt um sie herum bauen, noch bevor Dominik Busch den Text ganz fertig geschrieben hatte, ausprobieren, verwerfen, ein Leben erzählen auf zwei
Quadratmetern.
Zwölf Tage und ein paar
Zerquetschte, so haben wir den Kran gebaut.
Idee, Konzept und künstlerische Leitung:
Patric Gehrig / Dominik Busch
Text: Dominik Busch
Regie: Damiàn Dlaboha
Dramaturgie: Béla Rothenbühler
Spiel: Patric Gehrig
Tuba: Marc Unternährer
Bühne & Kostüm: Saskya Germann
Licht: Martin Wigger
Produktion: ZELL:STOFF
Kollaborationspartner: Südpol Luzern
UA: Südpol Luzern / 16.-18. Februar 2017